"Mit dem Quartiersforum Emsviertel haben wir ein Format geschaffen, in dem die Anliegen des Quartiers bereits artikuliert und bearbeitet werden", sagen die Projektmitarbeiter/innen Violetta Lenz und Jasmin Kruškić. "Wir merken aber auch, dass sich trotz unserer Öffentlichkeitsarbeit die Vielfalt der Bewohnerschaft dort nicht widerspiegelt. Wir brauchen deshalb noch niedrigschwelligere Zugänge zu den Bewohner/innen, um sie für die Mitarbeit an einer guten Nachbarschaft zu gewinnen. Auch das Quartiersforum, das Akteursnetzwerk und die Gruppen brauchen weitere Unterstützung. Wir als Team müssen dazu unsere Methodik verbreitern und verfeinern. Dafür brauchen wir Qualifizierungen." Das ist die Halbzeitbilanz des Projektteams. Die große Mehrheit der Bewohnerschaft, insbesondere die Migrationsbevölkerung, konnte bisher nicht für die Mitarbeit an einer guten Nachbarschaft gewonnen werden. Ihre Fähigkeiten und Potenziale sollen deshalb in diesem Folgeprojekt für das Quartier nutzbar gemacht werden. Zentrales Element dabei ist eine Beziehungsarbeit des Projektteams, die von Aufmerksamkeit und Anerkennung für die Bewohner/innen geprägt ist, und ihre öffentliche Wertschätzung ermöglicht. Mit unterschiedlichen Maßnahmen unter der Überschrift "Gesichter des Emsviertels" sollen die Menschen des Quartiers die Möglichkeit zur Begegnung bekommen und mit ihren vielfältigen Talenten und biografischen sowie kulturellen Hintergründen auch öffentliche Anerkennung erfahren. So sollen sie gestärkt und motiviert werden, sich für ihr Quartier einzubringen. Anreiz zur Umsetzung von Maßnahmen soll auch eine Quartierskasse bieten. Für die Projektaktivitäten brauchen die Mitarbeiter/innen eine vertiefte Methodenkompetenz, die sie durch Qualifizierungen im Projekt erwerben sollen. "Die meisten Menschen hier haben noch nie die öffentliche Anerkennung bekommen, die sie verdienen", ist Jasmin Kruškić überzeugt. Er erinnert sich an die Zeit, in der es ihm als Flüchtling selbst so erging, bis er als Kiosk-Inhaber im Emsviertel zu einer anerkannten und gestaltenden Rolle fand. Violetta Lenz ergänzt mit Blick auf ihre eigene Migrationserfahrung: "Wir wollen die Menschen mehr zusammenbringen und erreichen, dass sie sich selbst und einander in ihrer Vielfalt positiver wahrnehmen. Indem wir ihre Wertschätzung organisieren, erhöhen wir auch ihre Mitwirkungsbereitschaft für das Quartier. Wäre es nicht beflügelnd, wenn der Bundespräsident zu Besuch käme, um die Menschen im Emsviertel zu würdigen?"
Das Emsviertel ist Teil des Stadtbezirks Weststadt, einer typischen Trabantenstadt der 1960/1970er Jahre mit rund 24.000 Einwohner/innen. In der Weststadt gibt es zwei Städtebauförderungsgebiete. Das Emsviertel konnte trotz seiner signifikanten Sozial- und Baustruktur bisher allerdings nicht von der Städtebauförderung profitieren. Vom Sept. 2018 an konnten aufgrund der Förderung des Projektes "Quartiersforum Emsviertel" dort Elemente der Gemeinwesenarbeit aufgebaut werden. Zur Verstetigung bedürfen diese allerdings weiterer Unterstützung. Das Emsviertel ist geprägt von Migrationsbevölkerung (2/3 der Bewohnerschaft) und dem stadtweit höchsten Transferleistungsempfängeranteil. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt es deshalb als Problemviertel. Die Bewohner/innen leben ganz überwiegend zurückgezogen in ihren eigenen communities und bringen sich so gut wie nicht in das Quartiersleben ein. So bleiben viele ihrer kulturspezifischen und persönlichen Besonderheiten und Fähigkeiten verborgen, so dass hierfür auch keine öffentliche Anerkennung erfolgen kann. Dem will das Projekt entgegenwirken: Die in Tradition und Kultur unterschiedlichen "Gesichter des Emsviertels" sollen als Chancenpool hervorgehoben werden. Im ersten Schritt sollen gemeinsam mit den Bewohner/innen niedrigschwellige Begegnungsformate entwickelt werden. Daran andocken sollen öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen unter Teilnahme von Prestigeträger/innen aus Politik, Wirtschaft u. ä. Bereichen zur Würdigung der Bewohner/innen. Geplant ist u. a., den Bundespräsidenten einzuladen. Damit sollen das Selbstbewusstsein der Menschen, ihre Teilhabe an der Nachbarschaft und das Image des Quartiers gestärkt werden.