Die Stadt Bad Lauterberg im Harz hat in den letzten zwei Jahren aktiv mehr geflüchtete Menschen aufgenommen, als sie nach dem bestehenden Verteilungssystem gemusst hätte. Viele dieser Menschen sind im Familienverbund gekommen und alle wurden dezentral untergebracht, um eine Ghettoisierung zu vermeiden. Aufgrund der vielfältigen Fragen und Unterstützungsbedarfe, die im Alltag der Menschen entstanden, begannen Ehrenamtliche ein breites Unterstützungsangebot aufzubauen. Vom Kinderschutzbund koordiniert gibt es in Kooperation mit den Johannitern und weiteren Organisationen im alten Stadthaus eine Anlaufstelle, unter deren Dach mit Kleiderkammer, Begegnungscafé, Sprachunterricht, Kinderbetreuung, Einzelfallberatung, Musikprojekte, Koordination und Begleitung ehrenamtlicher PatInnen ein vielfältiges Angebot besteht.
Bewusst richten sich diese Angebote weitestgehend an alle Menschen, um Ressentiments gegenüber den vermeintlich besser versorgten Flüchtlingen zu vermeiden beziehungsweise einzugrenzen. Dennoch wird das Angebot bis jetzt lediglich vereinzelt von Alteingesessenen in Anspruch genommen. Rechtes Gedankengut und Einstellungen finden unter den EinwohnerInnen vermehrt Zuspruch. Die schlechte infrastrukturelle Situation der Region mit schwierigen Bedingungen für insbesondere Jugendliche sowie hohe Arbeitslosigkeit und steigende Altersarmut bergen die Gefahr, dass Menschen sich verunsichert und benachteiligt fühlen und daher einen Sündenbock suchen.
Das Ziel des Modellprojekts ist zum Einen, die langfristige Begleitung des Integrationsprozesses der Neuzugewanderten sicherzustellen, indem die Ehrenamtlichen die dringend notwendige hauptamtliche Unterstützung bekommen. Zum Anderen soll durch eine verstärkte Vernetzung mit anderen AkteurInnen des Gemeinwesens und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden, dass die Angebote tatsächlich von einem größeren Teil der Gesellschaft wahrgenommen und mitgestaltet werden. Das langfristige Ziel ist, eine aktive Gemeinwesenarbeit, die die EinwohnerInnen begleitet, unterstützt und präventiv bezüglich sozialen Konflikten, Vernachlässigung und Radikalisierung wirkt.
Das Angebot im alten Stadthaus ist essentiell für die geflüchteten Menschen und bietet gleichzeitig die Chance eine strukturierte Gemeinwesenarbeit in der Stadt Bad Lauterberg aufzubauen. Abgesehen von der Integrationsberatung, die dreimal wöchentlich durch Sozialpädagogen der Johanniter sowie des JuBi-Hauses Tettenborn angeboten wird, werden alle anderen Angebote jedoch rein ehrenamtlich koordiniert. Auf Dauer wird es, wie bereits eindeutig von den handelnen Personen kommuniziert, den Ehrenamtlichen nicht möglich sein so viel Zeit und Energie in dieses Projekt zu stecken. Das hat sowohl zeitliche, finanzielle als auch gesundheitliche Gründe. Um einen Teil dieser Problematik aufzufangen, wäre es sinnvoll den federführenden Personen eine Möglichkeit zu bieten, in ihrem Engagement für das Gemeinwesen gestärkt zu werden, sodass sie langfristig das freiwillige soziale Engagement anderer begleiten und koordinieren können.
Die Stadt Bad Lauterberg mit dem Bürgermeister Herrn Dr. Thomas Gans begrüßt das Angebot im alten Stadthaus und betont, dass die letzten zwei Jahre wesentlich mehr soziale Konflikte provoziert hätten, wenn es dieses Engagement nicht gegeben hätte. Aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Stadt ist es jedoch nicht möglich mehr als Miete und grundlegende Büroinfrastruktur zu finanzieren.
Durch die Förderung des Landes wäre es auch möglich strategischer zu arbeiten. Räumlichkeiten könnten saniert oder ausgebaut werden und die Netzwerke gestärkt gestärkt und ausgebaut, um mehr Menschen zu erreichen. Das vielfältige Vereinsleben der Region sowie die Besonderheiten der Stadt als Kurstandort könnten bedacht und effektiver miteinander vernetzt werden.