Langenhagens Identifikationspunkte sind die alten Dörfer und Ortskerne, aus denen die Mittelstadt an der Peripherie zu Hannover seit den 70er Jahren zusammengewachsen ist. Die Lebensgeschichte der Bewohner:innen ist von diesen lokalen Bezügen geprägt und wird häufig aus den Erfahrungen der Zuwanderung gespeist.
Im Quartier Langenforth leben Menschen unterschiedlicher Herkunft und Konfessionen. Provisorische Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine sind in fußläufiger Entfernung. Gelegenheiten der spontanen Begegnung für alteingesessene Nachbarn und Hinzugezogene sind von großer Bedeutung, um Segregation entgegenzuwirken. Besonders die ältere Bevölkerung leidet unter fehlenden Kontaktflächen. Durch die sozialen Folgen von Corona wird diese Entwicklung verschärft.
Das Familienzentrum Emma&Paul wurde von den Kirchengemeinden Emmaus und St. Paulus gegründet, es wirkt seit 12 Jahren im Süden Langenhagens und bietet vor allem Familien Anknüpfungspunkte. Das Tätigkeitsfeld wird zukünftig erweitert, eine Umbenennung in „Nachbarschaftszentrum“ ist geplant. Mit dem Quartier Langenforth ist ein Teil des Wirkungsbereichs benannt, das sich rund um das Paulus-Gemeindehaus erstreckt. Von den Beteiligungsprozessen werden in der Langenhagener Südachse auch die benachbarten Stadtteile profitieren.
Das Mitwirken im gesamtstädtischen Entwicklungsprozess GWA bietet die Möglichkeit, eine professionelle und interdisziplinäre Kultur der Partizipation aufzubauen. Die Förderung durch die LAG ermöglicht seit 2021 der Stadt Langenhagen und zwei Kirchengemeinden, Strukturen der GWA zu implementieren. Dieser Prozess wird durch das Projektgebiet Langeforth und die Beteiligung von zwei weiteren Kirchengemeinden gestärkt.
Durch den fachlichen Austausch GWA entstehen neue Synergieeffekte. Kirche schafft Orte der Begegnung im Sozialraum, für alle Lebenslagen und Generationen. Das sozialräumliche Engagement der vier Kirchengemeinden wird von der Landeskirche als Pilotprojekt unterstützt und entfaltet Modellcharakter.
Durch Mitwirkung wird das Selbsthilfepotential gestärkt. Mit den Methoden der Aktivierung und Beteiligung begeben sich das Familienzentrum und die Nachbarschaft in einen gemeinsamen Lernprozess, um die Bedarfe zu erkunden und Lösungsansätze zu entwickeln. Wohnortnahe soziale und gesundheitsfördernde Aktionen und eine niedrigschwellige Infrastruktur bereichern das Quartier. Die Mehrdimensionalität der Interessen ist akzeptiert und Orte des Austauches sind gefunden.
Langenforth ist ein Stadtteil im Süden Langenhagens, an der Stadtgrenze zu Hannover. Das Umfeld der Paulusgemeinde ist durch Wohnblöcke und Reihenhäuser mit einer hohen Einwohnerdichte geprägt. Eine städtebauliche Sonderstellung kommt dem Geschosswohnungsbau der "Europahaus-Siedlung" mit einer durchmischten Bewohnerschaft zu. Viele Menschen sind auf Transferleistungen angewiesen, auch im Männerwohnheim der KSG mit 90 Wohneinheiten. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen vernachlässigten Industriearealen im Süden mit Verlust an Wohnqualität einerseits und steigenden Preisen für Wohnraum andererseits.
Die Kirchengemeinden Emmaus und Paulus haben mit der Gründung des Familienzentrums „Emma und Paul“ vor 12 Jahren Unterstützungsangebote geschaffen. „Familienzentrum“ suggeriert als Zielgruppe die klassische Kernfamilie, sodass sich die inzwischen große Anzahl der Alleinerziehenden, Singles und von Vereinsamung bedrohten Menschen nicht angesprochen fühlt. Kirchliche Angebote entsprechen immer weniger den Bedarfen der Bewohner:innen.
Um im gesellschaftlichen Wandel weiterhin als Ressource zur Verfügung zu stehen, muss kirchliches Handeln einen Paradigmenwechsel vollziehen: Kirche bietet keine fertigen Lösungen sondern wird zu einer lernenden Institution. Diesem Veränderungsprozess stellen sich vier Kirchengemeinden, um in Kooperation mit Netzwerkpartnern als Brückenbauer zwischen Generationen, Ortsteilen und Lebensweisen zu wirken. Lösungsansätze und Methodenvielfalt können nur im Verbund mit Wohnungswirtschaft, Verbänden und Kommune Wirkung entfalten. Kirche als Akteur will dauerhaft vor Ort zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.