Die Bewohner der ostfriesischen Inseln wohnen dort, wo viele Menschen gerne Urlaub machen. Davon leben sie, das ist die Haupteinnahmequelle der Insulaner, fast zu 100%. Der Tourismus wird aber auch immer mehr zur Belastung. Die work-life-balance gerät zunehmend ins Ungleichgewicht. Wohnungen werden nicht nur mehr sehr teuer, sie sind auch noch knapp. Alt werden auf den Inseln ist auch nicht mehr so selbstverständlich, wie noch vor 20 Jahren. Es gibt nicht genügend Pflege und ärztliche Versorgung. Geprägt ist das Leben auf den Inseln durch die Dorf-Stadt-Wechsel: Die „Einwohnerzahl“ der Inseln steigt in der Hauptsaison auf ein Vielfaches im Verhältnis zur „Grundbevölkerung“ an, die Infrastruktur der Kleinstädte wie Norderney und Borkum und der restlichen Inseldörfer muss diesen Anstürmen genauso gerecht werden, wie den Situationen im Winter, wenn wetterbedingt wieder Ruhe eingekehrt und die Bewohnerzahl wieder von "Stadt-" auf "Dorfniveau" geschrumpft ist. Das gleiche gilt für die Einrichtungen der Daseinsvorsorge und weiteren weichen Standortfaktoren, die maßgeblich das Inselleben prägen und gestalten. Das sind, hier in aller Kürze, insgesamt aber auch die Faktoren und Rahmenbedingungen, mit denen sich die Verwaltungen und Bürger jetzt stärker als bisher auseinandersetzen wollen und müssen, um für sich und für ihre Inseln eine Zukunft zu gestalten, die lebenswert und attraktiv genug bleibt, sowohl für die Inselbewohner, die Saisonkräfte und wie auch für ihre Gäste. Es geht um nichts weniger, als den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, den Erhalt und die Sicherung des Dorf-/Gemeinschaftslebens inklusive der identitätsstiftenden kulturellen Bindungen, der Sicherung der Ver- und Entsorgungsfunktionen, der Kranken- und pflegerischen Versorgung, des bezahlbaren Wohnens und der Sicherung der Wirtschaftskraft. Die Problemlagen sind dabei vielfältig, eine gemeinsame, strategisch orientierte und thematisch auf die Partner verteilte Prozess- und Beteiligungsstruktur evident. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine externe organisatorisch-fachliche Unterstützung des Prozesses die internen Prozesse zu unterstützen hat, das Netzwerk aufbaut und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf alle ostfr. Inseln erzeugt. Dieser Prozess, im Grunde ein gesellschaftlicher Transformationsprozess, mit der die Inseln resilienter werden, kann nicht mit lokalen Ressourcen allein gestaltet werden. Dieser Ansatz kann und sollte modellhaft für andere (insularen) "Mikrokosmen" sein.
Die Wirtschaft der Inseln basiert nahezu zu 100 % auf dem Tourismus (inkl. nachgelagerten Branchen). Dementsprechend geprägt ist das Leben auf den Inseln: Die „Einwohnerzahl“ der Inseln steigt saisonal auf ein Vielfaches im Verhältnis zur Grundbevölkerung im Winter an. Durch die Saisonkräfte steigt die EW um 3%; hinzukommen noch ca. 10,9 Mio. Übernachtungen und ca. 700.000 Tagesgäste (Zahlen für alle 7 Inseln). Dies heißt im Jahresrhythmus: In der Saison volle Auslastung bei den Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben, bei touristischen Angeboten sowie bei den Fährbetrieben (100 %-Auslastung; Großstadtniveau); im Winter wird runtergefahren auf Dorfniveau. Nicht nur bei den beiden großen Inseln haben saisonverlängernde Maßnahmen bereits gewirkt, auch mit negativen Wirkungen auf die Work-Life-Balance, sowohl bei den Arbeitnehmern, wie bei den Arbeitgebern. Die Insulaner sind zunehmend überlastet. Dazu kommt die Wohnungsnot. Es hat eine "Syltifizierung" der niedersächsischen Inseln begonnen. Aufgrund der hohen Attraktivität der Destinationen werden Häuser an meist bietende Käufer vom Festland verkauft. Das führt zu Wohnraummangel für Insulaner und Fachkräfte, da bezahlbarer Wohnraum kaum vorhanden ist. Der "Ausverkauf" der Inseln führt auch dazu, dass die oftmals lange Zeit leerstehenden Häuser von Zweitwohnungsbesitzern der touristischen Vermietung entzogen wird. Für die Inselgemeinschaften aber noch entscheidender ist, dass das Inselleben darunter leidet. Zweitwohnungsb. nehmen im Regelfall nicht am Gemeindeleben teil, füllen kein Ehrenamt aus, bringen nicht ihre Expertise in die Dorf-/Quartiersgemeinschaften ein, wenn es darum geht, das Gemeindeleben zu stärken.