Wangerooge ist die östlichste der Ostfriesischen Inseln und mit 1.330 Einwohnern auch eine der kleineren. Wangerooge ist mit 127.000 Gästen und knapp 1 Mio. Übernachtungen jährlich ein touristisches Schwergewicht und einer der Tourismus Hotspots in Niedersachsen. Das heißt im Jahresrhythmus: In der Saison sind alle Betriebe der Insel vollständig ausgelastet und die Einwohnerzahl der Insel steigt auf Großstadtniveau an. Außerhalb der Saison zieht sich die Einwohnerzahl wieder auf Dorfniveau zusammen. Dies wirkt sich zwar positiv auf die wirtschaftliche Situation aus, aber negativ auf die Work-Life-Balance und das Gemeindeleben.
Der Insel fehlt außerdem zunehmend der Nachwuchs: Die Beschulung ist auf Wangerooge zwar bis einschließlich 10. Klasse möglich, der weitere Bildungsweg erfordert i. d. R. jedoch dem Umzug aufs Festland. Die Jugend, die im Zuge der Bildungswanderung die Insel verlässt, kehrt später in den wenigsten Fällen zurück, aufgrund fehlender Perspektiven wie z. B. dem Mangel an bezahlbaren Wohnraum und den hohen Lebenshaltungskosten (Wangerooge ist nur per tideabhängiger Fähre oder Inselflieger erreichbar; damit werden auch alle Güter transportiert). Für diejenigen, die auf der Insel bleiben wollen, fehlen meist Ausbildungsmöglichkeiten abseits des Tourismus, sodass die Entscheidung, auf das Festland zu gehen, schnell getroffen ist, zumal Bedürfnisse der Jugendlichen, insb. in Sachen Freizeitgestaltung, auf Wangerooge aufgrund der begrenzten Möglichkeiten oftmals zu kurz kommen.
Die beschriebene Situation hat weitreichend Auswirkungen auf das Vereinsleben, die Inselgemeinschaft und die langfristige Sicherung der Daseinsvorsorge, aber auch die Verfügbarkeit von Fachkräften. Die mit diesem Projekt aufzubauende Gemeinwesenarbeit soll die gesamte Inselbevölkerung aktivieren und damit einen attraktiven Wohnort, insb. auch für Jugendliche und junge Menschen. Dies geschieht exemplarisch und stellvertretend für die anderen Inseln; der Ansatz soll übertragbar sein. Das Dachprojekt (ebenfalls beantragt) übernimmt daher die insel- und themenübergreifende Vernetzung.
Die Auswahl der Schwerpunktsetzung kommt nicht von ungefähr: Die Inselgemeinde Wangerooge arbeitet seit einigen Jahren bereits an dem Thema: Die im Rahmen des Wettbewerbs Zukunftsstadt (BMBF) durchgeführten Workshops haben gezeigt, dass die Inselgemeinschaft insb. diesen Themenkomplex stärker in den Fokus nehmen will. Hieran soll angeknüpft werden.
Warum bietet die Insel mir nicht das in meiner Freizeit, was ich mir wünsche? Wie komme ich aufs Festland, wenn die Fähren gerade mal wieder nicht fahren? Was mache ich, wenn ich die Schule abgeschlossen habe? - Dieses sind nur einige der Fragen, die sich Jugendliche auf Wangerooge, gleichermaßen wie auf den anderen Inseln, stellen und die im Rahmen des Projektes eine Rolle spielen werden. Seit einiger Zeit arbeiten zwei Jugendvertreter in den politischen Gremien mit. Darüber hinaus gibt es eine Jugendbeauftragte der Verwaltung, die als Kontaktperson für die Jugendlichen zur Verfügung steht. Auf diese ersten Ansätze soll aufgebaut werden. Durch die Gemeinwesenarbeit soll ein Prozess angeschoben werden, der die gesamte Inselbevölkerung einschließt und in Folge dessen die Herausforderungen, denen sich die Wangerooger Inselgemeinschaft stellt, angegangen werden; mit dem Ziel, dass die Insel langfristig auch wieder für junge Menschen attraktiv wird. In diesem Zuge müssen Bleibe- und Rückkehrperspektiven geschaffen werden, um Fachkräfteengpässe zu beheben und einen Umgang sowohl mit dem Fachkräftemangel wie auch mit dem demografischen Wandel zu entwickeln. Besonderes Augenmerk soll dabei auf die Verknüpfung der Sicherung und Entwicklung von Angeboten für Fachkräfte und Ausbildungsmöglichkeiten gerade für junge Menschen gelegt werden. Darüber hinaus sollen alle Bewohnerinnen und Bewohner Wangerooges, darunter auch die Jugendlichen, für Mitbestimmung und ehrenamtliches Engagement sensibilisiert und motiviert werden. Die Art und Weise wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern selber vorgegeben, die einzustellende Person arbeitet als Motivator, Netzwerker und Facilitator.