Die Weststadt in Leer hat viele Probleme und viel Potenzial. Nach der überwiegend baulichen Planung im Rahmen der Förderung „Soziale Stadt“, werden seit dem 1.1. 2020 mit dem Start der GWA zunehmend die sozialen Aspekte berücksichtigt. Das gesellschaftliche Ungleichgewicht ist im Quartier deutlich zu erkennen. Große Einfamilienhäuser mit gepflegten Gärten gehören genauso zum Bild wie Wohnblocks mit zu engen Wohnungen und weniger gepflegten Außenflächen. Es fehlen Orte zum Bewegen und Begegnen. Nachbarschaftskonflikte und Vandalismus nehmen zu. Insgesamt mangelt es an Verbundenheit im und zum Stadtteil (ST). Ein ganzheitlicher Stadtteiltreff (STT) war eine Forderung des Runden Tisches (RT) (das Beteiligungsgremium der Anwohner*innen bei der Sanierungsplanung). Mit dem Kauf eines Gebäudes mit großem Außengelände hat die Stadt Leer eine Basis für Partizipation, Selbsthilfe, Begegnung und Beratung geschaffen. Ein anfängliches „einfach nur da sein“ und aktivierende Gespräche beim Mobilen-Café (so konnten wir trotz Corona präsent sein) haben bereits den Tatendrang einiger Bürger*innen verdeutlicht und Bedarfe aufgezeigt. Kreative Ideen für das Außengelände und inhaltliche Angebote wurden genauso geäußert, wie der Wunsch nach einem selbstverwalteten Nachbarschafts-Café, damit auch finanziell und körperlich eingeschränkte Nachbar*innen am ST-Leben teilhaben können. Kuchenbäcker*innen haben sich schon gemeldet. Entstanden ist daraus das Mit-Mach-Café (MMC). Cafés mit verschiedenen Themen bringen Menschen zusammen und stärken Eigeninitiative durch erfahrene Selbstwirksamkeit. Z.B. wirken in einem Ideen-Café Interessierte bei der Gestaltung des STT mit. Weitere Themen entwickeln sich aus den Ressourcen und Bedürfnissen der Menschen vor Ort, aber auch aus den derzeitigen gesellschaftlichen Herausforderungen wie z.B. der Coronakrise, um ein verantwortungsbewusstes Miteinander zu fördern. Durch ein niedrigschwelliges Beratungsangebot und Projekte mit lokalen Akteur*innen werden Wege zu den schwerer Erreichbaren und Freiflächen eröffnet, z.B. ein gemeinsam konzipiertes Eltern-Café mit Schulen und Kitas und ein Garten-Café in Kooperation mit der Stiftung Pagels-Garten (ein bisher zu wenig wahrgenommener Bürger*innengarten im Quartier). Eine von Kindern und Jugendlichen entwickelte Fotoausstellung, Feste, Logo- und Namenswettbewerbe sollen identifikationsstiftende Impulse geben und damit ebenfalls zu einem neuen WIR in der Weststadt und einer Imageverbesserung beitragen.
In der Weststadt zeigt sich eine gesellschaftliche Trennung zwischen den Gebieten mit Einfamilienhäusern und einigen Straßen mit Wohnblocks. Im letztgenannten Bereich gibt es überdurchschnittlich viele Haushalte mit belastenden Lebenssituationen. Das Image des Quartiers hat sich durch den vermehrten Zuzug von Menschen mit Migrationsgeschichte weiter verschlechtert. Sprachbarrieren und unzureichende Kenntnisse über hiesige Strukturen fördern ebenso Misstrauen und Vorurteile wie mangelndes Interesse an kultureller Vielfalt. Beim RT hat die Schwerpunktlegung auf bauliche Maßnahmen die sozialen Bedarfe und Ressourcen, die anfangs deutlich gemacht wurden, nebensächlich werden lassen. Dadurch haben viele das Interesse wieder verloren, sich aktiv für ihren ST einzusetzen. Es mangelt an Orten und Möglichkeiten für positive Begegnungen, Selbstwirksamkeitserfahrungen und niedrigschwellige Beratung. Kindern und Jugendlichen fehlen Außen- und Innenräume zum Treffen, Spielen und Bewegen. Ihre Kreativität den Mangel zu kompensieren, verursacht häufig Ärger. Vandalismus und Nachbarschaftskonflikte bzgl. Müll, Lärm und Freizeitgestaltung nehmen zu und beeinflussen das Miteinander. Bürgerliche Haushalte schotten sich ab und orientieren sich aus dem Viertel heraus. Problembelastete Menschen ohne Migrationsgeschichte sehen sich benachteiligt und suchen Schuldige. Kinder und Jugendliche provozieren und randalieren. Beispielsweise Ältere und Alleinstehende fühlen sich z.T. nicht mehr sicher, sie ziehen sich zurück und verlieren dadurch wichtige Kontaktmöglichkeiten. Gemeinsam mit der GWA erhoffen sich die Bürger*innen der Weststadt, die Abwärtsspirale zu durchbrechen.