Bei dem Projekt „Nachbarschaft -Gemeinsam gestalten“ handelt es sich um soziale Maßnahmen zur Quartiersentwicklung. Die Maßnahmen beziehen sich auf das Gebiet der Samtgemeinde Holtriem, die acht Mitgliedsgemeinden umfasst. Es richtet sich an alle BewohnerInnen des Quartiers, mit besonderem Fokus auf die Bevölkerungsgruppen SeniorInnen und Flüchtlinge bzw. MigrantInnen, da sie auf die größten Hürden zur sozialen Teilhabe stoßen. Ziel ist es Anlaufstellen in den Gemeinden Utarp, Blomberg und Willmsfeld zu schaffen. Zentraler Netzwerkknoten wird im gesamten Projektverlauf das 2021 errichtete Gemeindezentrum in Utarp sein. Es ist geplant, bestehende Netzwerke zu identifizieren, neue Netzwerkpartner zu gewinnen und die BürgerInnen zu aktivieren-immer in Kooperation mit etablierten örtlichen Vereinen, Behörden und engagierten BürgerInnen aus allen Gesellschaftsbereichen, so dass ein tragfähiges Netz aus sozialen Kontakten, praktischer Unterstützung für Alltag und Haushalt sowie attraktiven Bildungs-, Beratungs- und Begegnungsangeboten zu schaffen,
Von dort aus werden Treffen/Angebote koordiniert. Dafür können noch weitere nicht vollumfänglich genutzte, barrierefreie Räumlichkeiten, wie bspw. Vereinsheime in Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Projektes werden zu Beginn Maßnahmen entwickelt, um wohnortnahe Beratungs-, Freizeit-, Bildungs-, Begegnungs- und Hilfsangebote zu errichten, um damit die soziale Teilhabe, Mobilität, Nachbarschaftshilfe, intergenerationelle und – kulturelle Kompetenzen zu fördern. Ein besonderer Focus wird auf die Gruppe der Senior*innen und Geflüchteten gerichtet, da sie mit besonderen Hürden der sozialen Teilhabe zu kämpfen haben. Vorhandene Angebote werden in das Projekt integriert bzw. angebunden oder wie die bestehende Anti-Rost-Initiative ausgeweitet, damit sie auch gemeindeübergreifend wirken können. Vor allem gilt es, vorhandene Ressourcen zu mobilisieren, bislang ungenutzte Potentiale zu erschließen und die Bürger selbst aktiv werden zu lassen.
Im Verlauf des Projektes werden Mobilitätsoptionen entwickelt, um die Möglichkeit für die Bewohner*innen zu eröffnen mehr an der Nahversorgung teilzunehmen und Mobilitätsdefiziten entgegenzuwirken. Bereits bestehende private Initiativen/Vereine/etc. werden einbezogen und das eingeschlafene Mitfahrsystem „Fahr mit“ wiederbelebt. Um den Maßnahmenplan zielgerichtet gestalten zu können wurden Expertengespräche mit Vertretern der Samtgemeinde und potentiellen Kooperationspartner geführt.
Die Samtgemeinde Holtriem, besteht aus acht Mitgliedsgemeinden und liegt im Landkreis Wittmund, einem ländlich peripheren Raum, mit dem eine geringe Bevölkerungsdichte, ein ungünstiger ÖPNV und eine besondere Strukturschwäche einhergeht. Der Landkreis ist mit 57000 Einwohner*innen zweitkleinster in Niedersachsen. Behörden finden sich vorrangig in der Kreisstadt Wittmund. Diese zu erreichen stellt für ältere Menschen, die oft nicht mehr über familiäre Bindung verfügen, und in diesem Bereich untergebrachte Flüchtlingsfamilien vor große Herausforderungen. Arztbesuche kommen einem Tagesausflug gleich und peripher wohnende Geflüchtete haben geringere Integrationschancen. Die BürgerInnen haben kaum Möglichkeiten der sozialen Teilhabe. Insbesondere in der Pandemie ist deutlich geworden, wie stark die Menschen auf soziale Kontakte angewiesen sind, allein durch Alltagsbegleiter/Anti-Rost-Initiative ist dies nicht aufzufangen. Was teilweise von den Alltagsbegleitern vorgefunden wurde ist alarmierend. Viele Ältere haben dringende Arttermine aus Angst und in Ermangelung von Transportmöglichkeiten nicht wahrgenommen.
Deutlich wird dies auch durch eine Bürgerbefragung. Viele BürgerInnen sind von Mobilitätsbeschränkungen betroffen und suchen nach Möglichkeiten mit anderen in Kontakt zu treten. Sie wünschen sich nachbarschaftliche Hilfe, sind aber auch bereit, sich gemeinschaftlich zu engagieren. Senior*innen und Geflüchtete sind von gleichartigen Problemen betroffen. Ebenfalls wurde deutlich, dass verschiedene etablierte örtliche Vereine und andere Akteure in den Mitgliedsgemeinden zwar aktiv sind, es aber an tragfähigen Netzwerken und Koordination fehlt.